Die heilende Kraft des Vagusnervs

Vagusnervstimulation als zentrale Basistherapie

Die Beruhigung des Nervensystems ist entscheidend für die Heilung vieler Erkrankungen, unabhängig von den Symptomen. Heutzutage sind viele Menschen andauerndem Stress ausgesetzt, sei es durch Beruf, Alltag oder Beziehungen. Der Körper und der Geist befinden sich in ständiger Alarmbereitschaft. Diese dauerhafte Anspannung führt zur Überaktivierung des sympathischen Nervensystems. Insgesamt wird die Alarmbereitschaft des Körpers erhöht. Dabei werden Mastzellen aktiviert und Histamin freigesetzt, was zu MCAS (= Mastzellaktivierungssyndrom) und anhaltenden Symptomen führen kann.

Aber auch Bluthochdruck wird durch eine Sympathikusaktvierung ausgelöst. Schlafstörungen, Gereiztheit und Erschöpfung sind ebenso häufige Symptome. Im Prinzip ist eine chronische Sympathikusaktivierung bei der Entstehung fast aller chronischen Erkrankungen beteiligt.

Um Körper und Geist zu beruhigen und wieder ins Gleichgewicht zu bringen, muss der Gegenspieler des Sympathikus, der Parasympathikus aktiviert werden. Der Vagusnerv (Nervus vagus) ist der Hauptaktivator des Parasympathikus. Er kann Entzündungen und damit verbundene Gesundheitsprobleme verringern, indem er Stress und Mastzellaktivierung reduziert.

Fettreiches Essen und schwere, große Mahlzeiten sind übrigens ein häufiger – unbewusster – Eigentherapieversuch, denn sie beruhigen, indem sie den Vagus stimulieren. Allerdings löst dies das Problem nur kurzzeitig und führt auf Dauer zu Übergewicht und mehr Gesundheitsproblemen.

Der Vagusnerv

Der Vagusnerv ist der zehnte und längste von insgesamt zwölf Hirnnerven und der wichtigste parasympathische Nerv im autonomen Nervensystem (das nicht dem Willen unterliegt). Er ist wesentlich für die Aufrechterhaltung der lebensnotwendigen Grundfunktionen des Körpers. Seinen Ursprung nimmt er im Hirnstamm. Von dort aus verläuft er durch Hals und Brust bis in den Unterleib. Als Verbindung zwischen Gehirn und Darm überträgt er wichtige sensorische und motorische Informationen. Er reguliert die Tätigkeit fast aller innerer Organe wie Speiseröhre, Atemwege, Lunge, Herz, Magen, Darm und die großen Blutgefäße. Er trägt zur Regulation von Sprache, Herzfrequenz, Verdauung, Blutdruck, Schwitzen, Stimmung, emotionaler und allgemeiner Gesundheit bei.

Die vagalen (zum Vagusnerv führenden) Nervenfasern nehmen auch sensorische Reize von außerhalb des zentralen Nervensystems (z.B. Geschmack, Berührungen) auf und leiten diese an den Vagusnerv im Hirnstamm weiter. Die vagalen Fasern verlaufen auch über das Außenohr. Der Vagusnerv ist daher über die Haut um den Gehörgang (Tragus und Concha) zugängig.

Die Effizienz des Vagusnervs kann anhand des Vagotonus gemessen werden, der üblicherweise durch die Herzfrequenzvariabilität (HRV) bestimmt wird. Ein hoher Vagotonus steht für eine effektive parasympathische Aktivität und damit für eine bessere Fähigkeit, auf Stress zu reagieren und sich zu erholen. Umgekehrt kann ein niedriger Vagotonus auf eine verminderte Fähigkeit hindeuten, adäquat auf Stress zu reagieren. Dies kann mit einem erhöhten Risiko für Stress-assoziierte Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Depressionen einhergehen.

Vagusnervstimulation

Die Vagusnervstimulation (VNS) ist ein neurologisches Therapieverfahren, bei dem der Vagusnerv elektrisch stimuliert wird. Es gibt zwei Arten der Vagusnervstimulation: die invasive (iVNS) und die nichtinvasive (transkutane) Stimulation (tVNS).

Invasive Vagusnervstimulation (iVNS)

Für iVNS wird ein Gerät verwendet, das aus einem batteriebetriebenem Pulsgenerator und einem Kabel mit Elektroden besteht. Dieses wird unterhalb des linken Schlüsselbeins implantiert und das Kabel unter der Haut zum Hals geführt, wo die beiden Elektroden um den Vagusnerv gewickelt werden. Der chirurgische Eingriff erfolgt unter Vollnarkose und dauert etwa ein bis zwei Stunden. Die Batterie hat eine Lebensdauer von fünf bis zehn Jahren und muss nach dieser Zeit durch eine kleine Operation ersetzt werden. Seit 2001 ist iVNS eine europaweit zugelassene Behandlungsmethode für therapieresistente Depressionen (TRD) (Reif-Leonhard et al., 2022). Während die Behandlung in den ersten Jahren zunächst vorwiegend an einigen wenigen universitären Zentren angeboten wurde, entstanden in den letzten fünf Jahren deutschlandweit über 30 VNS-Spezialambulanzen. IVNS kann jedoch mit Nebenwirkungen wie Heiserkeit, Husten, Schmerzen oder Schluckbeschwerden, Risiken der Implantation und hohen Kosten verbunden sein (Likar et al., 2023).

Nichtinvasive (transkutane) Stimulation (tVNS)

Bei der tVNS wird ein sensibler Ast des Vagusnervs im Bereich der inneren Ohrmuschel (Tragus, Concha) durch Ohrelektroden mit einem Tensgerät (100 Hz, 150 µs) durch die Haut hindurch gereizt. Eine weitere nichtinvasive Möglichkeit zur Vagusnervstimulation ist das klinisch zugelassene Gammacore-Gerät, das vom Patienten selbst auf Höhe der großen Hauptschlagader des Halses angelegt und bedient werden kann. Durch das Erzeugen eines elektrischen Feldes kommt es zur Stimulation des Vagusnervs.

 

Einsatzgebiete der VNS

Nicht- oder minimal-invasive Verfahren der VNS werden aktuell bereits in der Behandlung von Epilepsie, Depression, chronischen Rückenschmerzen, Migräne und postoperativen Schmerzen eingesetzt (Likar et al., 2023).

Das Potenzial der VNS wird derzeit in einer Vielzahl an Studien zu weiteren Erkrankungen untersucht (u. a. Tinnitus, entzündliche Erkrankungen, Schlaganfallrehabilitation) (Farmer et al., 2021; Yap et al., 2020; Yuan & Silberstein, 2016).

Die Stimulation des Vagusnervs kann auch die mentale und geistige Gesundheit verbessern, indem sie eine Rolle bei der Behandlung von Angstzuständen, Depressionen, Autismus, schizophrenen Psychosen, Epilepsie und anderen neuropsychiatrischen Erkrankungen spielt (Garcia-Oscos et al., 2015). Gemäß einer Studie aus dem Jahr 2002 von Sjögren et al. kann die Stimulation des Vagusnervs auch dazu beitragen, die Symptome von neurodegenerativen Erkrankungen zu verbessern.

Der weltberühmte Wissenschaftler, Immunologe und Neurochirurg Keven Tracey konnte mit Vagusnervstimulation sogar Patienten mit Colitits ulcerosa und Rheuma heilen, nachdem er eine zentrale Verbindung zwischen Immunsystem und Vagusnerv entdeckt hatte.

Vagusnerv und MCAS

Anhaltender Stress versetzt den Körper dauerhaft in Alarmbereitschaft und führt zu einer Überaktivierung des sympathischen Nervensystems. Infolgedessen werden Mastzellen aktiviert und es kommt zur Freisetzung von Histamin, was zu chronischen Beschwerden, MCAS und Symptomen einer Histaminintoleranz (HIT) führen kann. Die Reduktion von Stress und die Stimulierung des Vagusnervs können helfen, die Aktivierung der Mastzellen zu reduzieren, die Freisetzung von Histamin zu senken und histaminbedingte Symptome zu verbessern (Gottwald et al., 1995). Es wurde berichtet, dass die Stimulierung des Vagusnervs histaminbedingten Juckreiz lindern kann, der durch allergische Reaktionen oder Histaminintoleranz verursacht wird (Kirchner et al., 2002).

Eine erhöhte Aktivierung der Mastzellen und Histaminintoleranz sind häufige Ursachen für Darmprobleme. Eine Studie an Mäusen aus dem Jahr 2012 zeigte, dass eine fettreiche Ernährung den Vagusnerv aktivieren kann, womit die Mastzellaktivierung im Darm reguliert und eine entzündungshemmende Wirkung erzielt werden kann (de Haan et al., 2013). Diese Form der Vagusaktivierung kennt jeder. Eine fettreiche Mahlzeit entspannt. Auf Dauer ist allerdings die Wahl gesunder Fette und Fettlieferanten besonders wichtig.

Mastzellaktivierung, Entzündungen und Histaminfreisetzung sind eng miteinander verbunden. Eine Studie aus dem Jahr 2000 legt nahe, dass die Stimulation des Vagusnervs dazu beitragen kann, mastzellbedingte Entzündungen zu reduzieren (Borovikova et al., 2000).

Tipps und Methoden zur Stimulation des Vagusnervs

Hier sind einige Strategien zur Stimulation des Vagusnervs, um von den gesundheitlichen Vorteilen zu profitieren – insbesondere bei Autoimmunerkrankungen, chronischem Stress, Erschöpfung, Depression, Histaminintoleranz/MCAS oder verwandten gesundheitlichen Problemen:

  • Die wichtigsten ersten Schritte sind: Mehr Ruhezeiten einbauen und für guten Schlaf sorgen. Wer immer in Anspannung ist, kann den Vagus nicht stimulieren. Denn der Sympathikus ist der stärkere Nerv und übermannt den Vagus.
  • TENS-Geräte sind kleine tragbare Geräte, die schwache elektrische Impulse durch Elektroden auf die Haut abgeben. Damit kann man bei richtigem Einsatz auch den Vagusnerv stimulieren und die Freisetzung von Neurotransmittern (Botenstoffe von Nervenzellen) fördern, die die Stimmung verbessern und den Körper entspannen. Der Benutzer kann die Intensität und Frequenz der Impulse einstellen, um eine für ihn angenehme Stimulation zu erreichen. tVNS-Therapien erfolgen mit TENS-Geräten mit entsprechender Applikation am Ohr oder Hals und bestimmten Frequenzen.

    Produktempfehlung: VITAtronic TENS Gerät mit Ohrelektrode – praktisch und preisgünstig, erhältlich unter Tensshop.de mit qualifizierter Beratung.
    (Wenn Sie im Feld Bemerkungen an der Kasse den Gutscheincode „Dr.Jacobs“ eingeben, erhalten Sie zwei monopolare Ohrclips im Wert von € 14,90 gratis dazu. Damit kann z. B. auch craniale Elektrostimulation (CES) durchgeführt werden.)
  • Genug guter Schlaf ist die wichtigste Voraussetzung für die Regeneration des Nervensystems und damit einen gesunden Vagotonus.
  • Atemübungen, insbesondere tiefe Bauchatmung, sind besonders wirksam und wichtig. Hier hilft z.B. der stress releazer von Beurer mit einem praktischen Gerät, mit dem man den Atem trainiert. Eine mitgelieferte App misst die HRV.
  • Chanten, Singen oder Summen kann helfen, den Vagusnerv zu stimulieren, indem es die Muskeln im Mund- und Rachenbereich aktiviert.
  • Meditation und Dankbarkeit beruhigen das Nervensystem, stimulieren den Vagusnerv, bauen Stress ab und steigern das Wohlbefinden.
  • Akupunktur, Craniosacral-Therapie, Massage und Chiropraktik sind weitere Möglichkeiten das Nervensystem zu beruhigen, Entzündungen zu reduzieren und das Gleichgewicht von Körper und Geist zu fördern.
  • Regelmäßige Bewegung und Sport können helfen, Spannungen im Körper abzubauen, das Nervensystem zu beruhigen und die Stimmung zu verbessern. Körperorientierte Therapien und Bewegungstherapien wie somatisches Erleben und TRE (Tension and Trauma Releasing Exercises) können auch hilfreich sein.
  • Eine entzündungshemmende Ernährung, die reich an nährstoffreichen Vollwertprodukten (z. B. Chia-Samen, Leinsamen, Quinoa, Gemüse) ist, kann die Gesundheit des Nervensystems unterstützen.
    Für Menschen mit Histaminintoleranz oder MCAS ist es wichtig, histaminreiche Lebensmittel zu meiden und eine histaminarme Ernährung einzuhalten. Mit der Dr. Jacob’s Entlastungs- und Darmkur lernen Sie Ihren Körper und Ihre Unverträglichkeiten besser kennen und unterstützen Ihre Verdauung wirkungsvoll.1 Das Dr. Jacob’s Darmkur-Paket enthält die optimale Kombination aus essentiellen Mikronährstoffen, Pflanzenextrakten, Verdauungsenzymen1 und Milchsäurebakterien.
  • Melissenextrakt und Magnesium (z.B. in Dr. Jacob’s Melissen-Basentabletten) sind besonders empfehlenswert. Magnesium unterstützt die normale Funktion des Nervensystems, die normale psychische Funktion und lindert Erschöpfung.
  • B-Vitamine sind besonders wichtig für die Funktion des Vagusnervs und des Nervensystems2. Eine ausreichende Zufuhr dieser Vitamine kann durch den Verzehr von Vitamin-B-reichen Lebensmitteln, wie z. B. dunkelgrünem Gemüse, und durch die Einnahme von Vitamin-B-Komplex-Präparaten (Dr. Jacob’s Melissen-Basentabletten) sichergestellt werden.

 

So können Sie Ihre Gesundheit noch unterstützen:

 

1) Das in VerdauungsHIT enthaltene Calcium unterstützt die normale Funktion von Verdauungsenzymen im Darm. VerdauungsHIT ist somit gut für Darm und Verdauung.
2) Vitamin B1, B2, B6, B12, Niacin und Biotin tragen zur normalen Funktion des Nervensystems bei. Vitamin B1, B6, B12, Biotin und Folsäure werden zudem für die normale psychische Funktion benötigt.